Briefwechsel

Das blurred Fotokollektiv stellt von Do, 17.09.2020 bis Sa, 19.12.2020 im Literaturhaus Salzburg aus: Angelika Wienerroither zeigt die Serie „Briefwechsel“. Sie besteht aus zwölf Einheiten; ein Holzrahmen umfasst dabei jeweils einen von Leinen umspannten Karton. Auf dem Leinen sind analoge Fotografien sowie Textfragmente, verschwommene Buchseiten mit unterstrichenen Sätzen und zerknülltes Papier zu sehen. Die Serie hat etwas notizenhaftes, als hätte jemand die Worte und Szenen, an die sie sich erinnern will, in ein Buch geheftet.

In der Serie versucht die Künstlerin, mit der Schriftstellerin Meta Merz in einen fiktiven Dialog zu treten. Meta Merz ist eine Salzburger Autorin, die früh verstorben ist. Angelika Wienerroither schickt Fotografien aus „einer Stadt wie Salzburg“ – diese Wendung hat Merz in ihrem Buch „Metaphysik der Begierde“ gebraucht. Merz antwortet mit Sätzen, Fragmenten und Buchseiten.

Briefwechsel. Was bedeutet es, einen Brief zu schreiben? Im Unterschied zum E-Mail kann es nicht um den schnellen Austausch von Information gehen. Man schreibt auf, gibt in ein Kuvert, versendet. Wird man sich, nachdem man die Antwort erhalten hat, noch an seine Formulierung erinnern? Beim Briefwechsel geht es um einen zeitversetzten Dialog.

Viele Fragmente in der Serie sind von Hand geschrieben. Zu Weihnachten voriges Jahr hat Angelika Wienerroither eine handschriftliche Karte von ihrer besten Freundin erhalten. Die beiden haben jahrelange gemeinsam gelebt und studiert, die Handschrift der Freundin war allgegenwärtig. Nun, Jahre später, kommunizieren sie per WhatsApp und Telefon. Die Schrift auf der Karte zu sehen, war deshalb ein sehr intensiver Moment – Angelika Wienerroither hat sich in die Studienzeit zurückversetzt und sich ihrer Freundin sehr nah gefühlt.

Für Angelika Wienerroither war es jedoch nicht leicht, etwas über Meta Merz zu erfahren. Immer, wenn sie einen Schritt auf sie zugegangen ist, war es ihr, als hätte sie das Wesen der Autorin für einen kurzen Augenblick erkennen können – doch dann zog sie sich wieder zurück in den Nebel.

Wienerroither hat den Titel des Buches „Metaphysik der Begierde“ etwa in den Katalog der Stadtbibliothek Salzburg eingegeben. Der Treffer zeigte die genaue Position des Buches. Doch als die Fotografin Tage später durch die Regale der Bibliothek streifte, war das Werk nicht auffindbar. Die Bibliotheksmitarbeiterin konnte nicht helfen. Denn das Buch war plötzlich auch aus dem Katalog verschwunden. Über Umwege kam „Metaphysik der Begierde“ dann doch auf den Schreibtisch von Angelika Wienerroither.

Die Fotografin mag Meta Merz‘ Art zu schreiben, es ist eine rhythmische Sprache, der es nicht um eine Erzählung, sondern um die Kraft der Wörter geht.

am anfang steht die erinnerung. die erinnerung hält ereignisse fest. so entstehen gegenstände von natur. es entstehen klippen wälder inseln

es wächst eine haut um die erinnerung.

das sehen aber fand in zukunft durch glasscheiben statt.

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